für Oper Liebhaber
Espoir Verlag und Reisen GmbH

Donizetti Opera Festival
Bergamo 2023

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von Hugo FURRER


Bereits zum zweiten Mal haben wir uns Ende November 2023 aufgemacht nach Bergamo zum Besuch des dortigen Donizetti Opera Festivals, das seit vielen Jahren in der Heimatstadt des begnadeten Komponisten Gaetano Donizetti (1797–1848) abgehalten wird. Die vorweihnachtliche Stimmung und die ausgezeichnete lokale Küche haben viel zu einem genussreichen und gelungenen Wochenende beigetragen.

Auf dem Programm stehen für gewöhnlich eher unbekanntere Werke des Bergamasker Meisters. Dieses Jahr handelte es sich um «Il diluvio universale», «Alfredo il Grande» und «Lucie di Lammermoor», die selten aufgeführte französische Version der «Lucia di Lammermoor» mit der berühmten Wahnsinnszene. Aus Zeitgründen haben wir dieses Jahr nur eine Vorstellung besucht: Il Diluvio Universale (zu Deutsch: Die Sintflut) ist angelehnt an Rossinis «Mosè» und beschreibt Verstrickungen und Verwirrungen rund um die biblische Geschichte der Arche Noah. Der Uraufführung der Oper in Neapel im Jahr 1830 war kein Erfolg beschieden, worauf Donizetti das Werk für Genua im Jahr 1834 überarbeitete, aber auch dort war es nicht erfolgreicher, so dass es mit Ausnahme einer Produktion an den St. Galler Festspielen im Jahr 2010 in der Neuzeit noch gar nie aufgeführt wurde. Wie so oft liegt bei den «vergessenen Opern» das Problem weniger bei der Musik als bei einem wenig plausiblen oder verworrenen Libretto, und im Fall des «Diluvio Universale» kommt noch eine kaum zu bewältigende szenische Umsetzung dazu.

Auch die Produktion in Bergamo war diesbezüglich mehr als problematisch. Das Künstlerduo MASBEDO nahm die nur am Schluss der Oper auftretende Sintflut zum Anlass, den Untergang der Menschheit durch den Klimawandel die ganze Oper hindurch mit verstörenden Videosequenzen von untergehenden Städten, Wirbelstürmen oder Feuersbrunsten zu bebildern. Diese Videos auf Grossleinwand deckten den ganzen oberen Bereich der Bühne ab, während die Handlung im unteren Teil zur Nebensache wurde, von der das Publikum stark abgelenkt wurde.

Schade um die musikalisch stimmige Produktion mit einigen hervorragenden Protagonisten wie den Pesaroerprobten «Baritenore» Eneo Scala. Es ist immer wieder erstaunlich zu erfahren, welch musikalisch hochstehende Partituren im Fundus des Opernschaffens vorhanden sind und gar nie oder höchst selten zur Aufführung kommen. Das Publikum tat seinem Missfallen mit der Produktion und der politischen Botschaft teilweise sogar während der Aufführung kund – gemäß Medienberichten ergoss sich nach der Premiere ein für Bergamo noch nie erlebter Buhorkan auf das Regieteam. Ebenfalls gemäß Medienberichten fanden die beiden anderen Produktionen größeren Zuspruch, insbesondere die als eher seicht geltende Oper «Alfredo il Grande», welche am Donizetti Opera Festival zum ersten Mal überhaupt, genau 200 Jahre nach ihrer Uraufführung im Jahre 1823, wieder aufgeführt wurde.

Als wir das wunderschön renovierte Teatro Donizetti in der Unterstadt verließen, blieben die musikalischen Leckerbissen im Ohr haften, und wir hatten das szenische Ärgernis schnell wieder verdaut. Umso besser, dass es in Bergamo eine Vielzahl von ausgezeichneten Restaurants gibt, wo es die lokalen Spezialitäten zu kosten gibt. Nur für Pizza und Pasta soll man nicht nach Bergamo reisen, das wäre schade, obwohl die lokale Teigwaren-Spezialität «Casoncelli» unbedingt versucht werden muss: Spezielle Ravioli, deren Geheimrezept von jeder Bergamasker Familie überwacht wird: mindestens geschmolzene Butter, Salbei und Speck gehören dazu. Wunderschöne Cafés, Bäckereien mit Auslagen, welche das Wasser um Mund zusammenlaufen lassen, sowie urchige oder elegante Weinlokale sind überall sowohl in der eleganten Unterstadt wie auch in der autofreien historischen, inzwischen aber auch recht touristischen Oberstadt anzutreffen und machen den Aufenthalt zum Erlebnis.

Arrivederci Bergamo, im November 2024, wo am Festival drei musikalisch sehr interessante Werke zur Aufführung kommen werden, darunter mit «Roberto Devereux» eine meiner absoluten Lieblingsopern, als Teil der Tudor-Trilogie. Das Werk ist einigen wohl noch bekannt von den unvergesslichen Aufführungen im Jahr 1997 am Opernhaus Zürich mit Edita Gruberova in der Hauptrolle, oder von der hervorragenden Neuproduktion am selben Haus im letzten Jahr.

  • Teatro sociale
  • Ansicht auf die Città alta
  • Città alta, Piazza centrale
  • Banner zum Donizetti Festivasl
  • während einer Aufführung
  • Donizetti Denkmal
  • Città alta
  • Ansicht auf die Città alta im Abendlicht


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