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Espoir Verlag und Reisen GmbH

Kolumne

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„Verhandelbare Wahrheit?“ 

von Daniel M. Bühlmann

Kürzlich fiel mir ein Buch mit dem Titel Gott und die Vernunft von Benedikt XVI. in die Hände. Ich hatte es schon lange gesucht, und nun endlich, eher unerwartet, wiedergefunden. Beim Durchblättern stieß ich unweigerlich auf folgende Passage: 

„(...) ob es dem Menschen gegeben ist, die eigentliche Wahrheit über Gott und die göttlichen Dinge zu erkennen. (...) Die philosophische Grundlage des Christentums ist durch das „Ende der Metaphysik“ problematisch geworden, seine historischen Grundlagen stehen in Folge der modernen historischen Methoden im Zwielicht. So liegt es auch von daher nahe, die christlichen Inhalte ins Symbolische zurückzunehmen, ihnen keine höhere Wahrheit zuzusprechen als den Mythen der Religionsgeschichte - sie als Weise der religiösen Erfahrung anzusehen, die sich demütig neben andere zu stellen hätte. (...) Was als Wahrheit verpflichtende Kraft und verlässliche Verheißung für den Menschen gewesen war, wird nun zu einer kulturellen Ausdrucksform des allgemeinen religiösen Empfindens, die uns durch die Zufälle unserer europäischen Herkunft nahegelegt ist.“


Sind wir nicht alle Erben des „aufklärerischen Geistes“, der französischen Revolution und der großen totalitären Ideologien des 20. Jahrhunderts. Welche Auswirkungen haben diese Entwicklungen gebracht? Die Abläufe der Zeit und der Geschichte sowie die Bewältigung von Krisen werden mittlerweile überwiegend von Menschen bestimmt. Das Eingebundensein in zeitliche Abläufe oder historische Ereignisse spielt seit geraumer Zeit keine bedeutende Rolle mehr. Seit der Pandemie verstärkt sich dieser Trend unaufhaltsam. 


Geschichte wird zur Handlung; das Vergangene wird analysiert, um die Zukunft besser zu planen. Doch der Mensch ist mehr als nur ein Teil des Ganzen oder ein Produkt der Evolution.


Der Mensch findet sich unweigerlich in die Welt hineingeworfen, ob gewollt oder nicht. Wir stehen stets vor neuen Phänomenen, die uns herausfordern und durch die Vernunft zu Erkenntnissen führen können. Es stellt sich die Frage, ob das Wirkliche durch Zufall und Notwendigkeit entstanden ist oder ob eine grundlegende Überzeugung des christlichen Glaubens – In principio erat Verbum – ebenfalls die schöpferische Kraft der Vernunft widerspiegelt.


Wie würde wohl alles aussehen, wenn der Mensch wieder empfänglicher und hörender werden würde?


1. November 2024








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Erschienen in:

Punktgenau. 9/2024




















Punktgenau. 7/2024 und Mag. Leben-Glauben-Spiritualität, Nr. 1/24.

 

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